http://www.lto.de/de/html/nachrichten/2016/gruene-gentechnik-urteil-bundesverfassungsgericht/
Bundesverfassungsgericht zur Landwirtschaft
25.11.2010
„Kein Sieg über die grüne Gentechnik“
Landwirte, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden, sind auch zukünftig im Internet auffindbar. Und der Einsatz der Gentechnik kann sie auch weiterhin teuer zu stehen kommen, selbst wenn sie alles richtig gemacht haben. Dennoch hat Karlsruhe eine ausgewogene Entscheidung getroffen, so Prof. Dr. Wolfgang Voit im Interview mit LTO.
LTO: Erstaunlich deutlich und mit sehr grundsätzlichen Argumenten gab der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts den Gegnern der Gentechnik Recht, indem es den Normenkontrollantrag des Landes Sachsen-Anhalt gegen einige Vorschriften des Gentechnikgesetzes (GenTG) abwies, das Landwirte benachteiligt sieht, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden möchten. Sofern in die Rechte der Unternehmen eingegriffen wird, seien die Eingriffe gerechtfertigt, so die Bundesrichter. Herr Professor Voit, womit genau hatte das Gericht sich zu befassen?
Voit: Es geht bei dem Urteil um die Vereinbarkeit grüner Gentechnik mit den Belangen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Der Gesetzgeber hat durch die Novellierung des Gentechnikgesetzes im Jahr 2008 die Grenzen verschoben. Zum einen wurde ein öffentlich zugängliches Standortregister eingeführt, zum anderen wurden Haftungsregelungen aufgestellt, die auch dann eingreifen, wenn die Ernte dieser Landwirte wegen des Eintrags gentechnisch veränderter Organismen etwa durch Wind nunmehr als gentechnisch veränderte Ware gekennzeichnet werden muss.
LTO: Was haben die Bundesrichter nun entschieden?
Voit: Das Bundesverfassungsgericht hat die angegriffenen Vorschriften des Gentechnikgesetzes für verfassungsgemäß erklärt. Das Gericht hat also keine Bedenken hinsichtlich des Standortregisters in seiner derzeitigen Form, der Vorschriften zum Umgang mit in Verkehr gebrachten Produkten und auch der aktuelle Regelung zu Ansprüchen benachbarter Landwirte bei Nutzungsbeeinträchtigungen.
„Den Auftrag zum Ausgleich der Interessen sehr ernst genommen“
LTO: Hatte das Bundesverfassungsgericht hier zu entscheiden im klassischen Kampf „Gut gegen Böse“? Anders ausgedrückt: Sind die Gentechnikgegner die Guten, diejenigen Bauern, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden möchten, die Bösen?
Voit: Nein, das ist auch nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Es hatte zu entscheiden, ob die Lösung, die der Gesetzgeber in einer gesellschaftlich sehr kontrovers beurteilten Situation gefunden hat, einer verfassungsrechtlichen Kontrolle standhält.
Dabei hat das Gericht zu Recht die Grundrechtspositionen der Beteiligten sehr weit bestimmt. Es hat durchaus gesehen, dass die Regelungen über das Standortregister in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in die Berufsfreiheit und auch in die Forschungsfreiheit eingreifen. Mit Recht wurden diese verfassungsrechtlich geschützten Positionen also nicht klein geredet.
Auf der anderen Seite gesteht das Gericht dem Gesetzgeber in dieser schwierigen Situation einen weiten Gestaltungsspielraum zu. Der Gesetzgeber hat diese Entscheidungen getroffen und das Bundesverfassungsgericht hat seinen Auftrag zum Ausgleich der Interessen sehr ernst genommen.
„Aktivität von kritischen Orgamisationen unterschätzt“
LTO: Die Bundesrichter halten das Standortregister für rechtmäßig, das es für jedermann möglich macht, im Internet genau zu sehen, wo gentechnisch veränderte Pflanzen verwendet werden. In der vorgesehenen Form eines allgemein zugänglichen und eines nicht öffentlichen Teils habe der Gesetzgeber einen tragfähigen Kompromiss gefunden zwischen dem Informationsinteresse von Staat und Öffentlichkeit einerseits und dem Geheimhaltungsinteresse der Bezugspersonen andererseits. Was ermöglicht das Standortregister? Und welche Informationen sind nicht öffentlich zugänglich?
Voit: Der öffentlich zugängliche Teil des Registers enthält Angaben zur Bezeichnung und zum Erkennungsmarker des gentechnisch veränderten Organismus, seine veränderten Eigenschaften und das Grundstück der Freisetzung oder des Anabaus sowie die Flächengröße. Nicht genannt wird dort der Betreiber.
Allerdings verkennt das Gericht nicht, dass es ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, diese Information in Erfahrung zu bringen. Wenn es im Urteil allerdings heißt, eine solche Verknüpfung werde von vielen Bürgern, die in das Register Einsicht nehmen, nicht hergestellt, dann wird möglicherweise die Aktivität von kritischen Organisationen unterschätzt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass diese die Verknüpfung herstellen und ihrerseits veröffentlichen.
Bei weiteren Zerstörungen könnten weitere Überprüfungen fällig werden
LTO: Es liegt auf der Hand, dass es durch das Standortregister für Gentechnikgegner wesentlich einfacher wird, gentechnisch veränderte Kulturen aufzuspüren und in der Folge mutwillig zu zerstören. Dem hält der Erste Senat die Schutzpflicht des Staates für die Rechte des gentechnisch veränderten Saatguts benutzenden Landwirts entgegen. Außerdem habe es auch schon vor der Einführung des Registers solche Übergriffe gegeben. Rechtlich und praktisch gesehen: Sind das aus Ihrer Sicht tragfähige Argumente?
Voit: In diesem Punkt lässt das Urteil durchaus Raum für weitere Entwicklungen. Die Richter heben hervor, dass derzeit unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigungen durch die Zerstörung nicht bekannt wurden. Zugleich erinnert das Urteil den Staat an seine Aufgabe, die Betreiber vor solchen Übergriffen zu schützen.
Es ist zu hoffen, dass die Vollzugsorgane diese Aufgabe auch wahrnehmen. Sollte es auf Dauer zu Zerstörungen kommen, die nicht aufgeklärt und geahndet werden, kann die Regelung über das Standortverzeichnis durchaus noch einmal verfassungsrechtlich überprüft werden – möglicherweise auch mit anderem Ausgang.
Die „gute fachliche Praxis“: Nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte
LTO: Auch die den mit Gentechnik arbeitenden Landwirten auferlegte Verpflichtung, eine so genannte „gute fachliche Praxis“ einzuhalten, also Vorsorge zu treffen, dass gentechnische Änderungen nicht in andere Grundstücke eingetragen werden oder auf sonstige Art in andere Kulturen benachbarter Flächen gelangen, halten die Verfassungshüter für mit dem Grundgesetz vereinbar, vor allem nicht für zu unbestimmt. Wissen die betroffenen Landwirte, welche die Anforderungen sind? Wie kann man die Kontaminierung von Nachbargrundstücken verhindern?
Voit: Landwirte, die mit gentechnisch veränderten Organismen arbeiten, müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und sich mit der guten fachlichen Praxis vertraut machen. Dabei ist anzunehmen, dass sie von den Saatgutherstellern, die diese Ware verkaufen wollen, Hilfestellungen bekommen. Im übrigen gibt es in sehr vielen Bereichen die Verpflichtung, die Grundsätze einer guten Herstellungspraxis einzuhalten.
Umgekehrt wird auf diesem Weg auch Rechtssicherheit geschaffen: Werden diese Anforderungen eingehalten, dann kann nachbarrechtlich der Anbau nicht verhindert werden, und zwar auch dann nicht, wenn er letztlich zu einer Kontamination des Nachbargrundstücks führt.
Ansprüche des geschädigten Nicht-mehr-Öko-Bauern
LTO: Schließlich ging es noch um die Frage der Haftung der Landwirte, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden. Welche Fälle meint das Gesetz, wenn es davon spricht, dass gentechnisch veränderte Pflanzen auf Nachbargrundstücken eingetragen werden und bewirken, dass die dort kultivierten Pflanzen nicht mehr oder nur eingeschränkt in den Verkehr gebracht werden dürfen?
Voit: Es geht um Fälle, in denen die Produkte auf dem Nachbargrundstück nicht mehr verkauft werden dürfen oder nur nach einer entsprechenden Kennzeichnung verkauft werden dürfen. Betroffen sind nicht nur Öko-Produkte, die diese Bezeichnung nicht mehr führen dürfen, sondern auch Produkte der konventionellen Landwirtschaft, die nun als gentechnisch verändert zu kennzeichnen sind.
LTO: Die geschädigten Grundstücksnachbarn können Unterlassungs-, Abwehr- oder Ausgleichsansprüche haben. Das Problem: Die Ansprüche sind verschuldensunabhängig, das heißt, auch wenn der Landwirt sich an alle Vorschriften gehalten und alle Abstandsflächen eingehalten hat, ist er haftbar für eine eventuelle Eintragung. Dennoch sehen die Bundesrichter in der Vorschrift keine Gefährdungshaftung, ihr liege eine ausgewogene Interessenabwägung zugrunde. Wie bewerten Sie diese Einschätzung?
Voit: Man muss in diesem Zusammenhang zwischen Ausgleichsansprüchen und einer Schadensersatzhaftung unterscheiden. Bei den Ausgleichsansprüchen ist ein Verschulden nicht erforderlich. Es geht um die Verteilung einer Vermögenseinbuße, die weder von dem Landwirt, der gentechnisch veränderte Organismen anbaut, noch von seinem Nachbarn, der konventionell anbauen möchte, schuldhaft verursacht wurde.
Es ist keineswegs selbstverständlich, dass diese Einbuße der konventionell arbeitende Nachbar zu tragen hat. Das Bundesverfassungsgericht hält es für zumutbar, dieses Risiko dem zuzuweisen, der die neue Technik einsetzt.
Man darf auch nicht übersehen, dass durch diesen Ausgleichsanspruch nur ein Teil der Risiken auf den Betreiber verlagert wird. Für die benachbarten Landwirte droht nicht nur Schaden, weil ein höherer Preis – etwa für Bio-Lebensmittel –nicht mehr erzielt werden kann, sondern es stehen für die Landwirte auch Lieferbeziehungen auf dem Spiel. So kann ein Landwirt, der die Lieferung gentechnikfreier Produkte zugesagt hat, dann seinen Vertrag nicht mehr erfüllen und verliert seine Abnehmer. Derartige Schäden sind vom Ausgleichsanspruch nicht umfasst. Sie werden nur dann ersetzt, wenn den Gentechnik-Landwirt ein Verschulden trifft, also vor allem dann, wenn er die Regeln der guten fachlichen Praxis schuldhaft nicht beachtet hat.
„Die finanzielle Absicherung der Risiken ist derzeit noch schwierig.“
LTO: Wie praxisrelevant ist diese Frage? Sind Ihnen Haftungsfälle bekannt? Und können die Landwirte sich jedenfalls finanziell dagegen absichern?
Voit: Die Fragen werden mit Sicherheit praxisrelevant werden, wenn im größeren Umfang von der grünen Gentechnik Gebrauch gemacht wird. Leider ist die finanzielle Absicherung dieser Risiken derzeit noch schwierig, weil in den Versicherungsbedingungen Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen regelmäßig ausgeschlossen sind. Auch hier gehe ich aber davon aus, dass sich auf der Ebene der Saatguthersteller eine Lösung finden lässt. Sie sind aufgerufen, mit der Versicherungswirtschaft über ein Modell zur Absicherung dieser Risiken zu sprechen. Der einzelne Landwirt wird das kaum durchsetzen können. LTO: Sehen Sie das Urteil als Grundsatzentscheidung an? Lohnt der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut sich nun noch? Voit: Es ist eine Grundsatzentscheidung, die im Spannungsverhältnis zwischen Grundrechten, dem Recht der Europäischen Union und einem gesellschaftlich umstrittenen Gebiet dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum einräumt.
Die Auswirkungen auf den Anbau solchen Saatguts hängen von den Rahmenbedingungen, inbesondere von der Entwicklung einer Versicherungslösung ab. Mittelfristig wird sich die zur Zeit sehr emotional geführte Diskussion entspannen. Viele importierte Produkte sind schon heute ohne Gentechnik nicht mehr zu bekommen, so dass sich die strikte Ablehnung dieser Technik durch die Verbraucher auf Dauer nicht durchhalten lässt.
„Das Urteil lässt den nötigen Freiraum für weitere Entwicklungen.“
LTO: Die Bundesrichter orientieren sich an dem auch vom GenTG bezweckten verträglichen Nebeneinander konventioneller, ökologischer und unter Einsatz von Gentechnik arbeitender Produktionsmethoden und einer echten Wahlfreiheit der Produzenten und Verbraucher. Ist die Entscheidung auch aus Ihrer Sicht dieses „salomonische Urteil“? Voit: Das Urteil schafft klare Rahmenbedingungen und führt zu vertretbaren Ergebnissen. Vor allem nimmt es die Grundrechtspositionen der Betroffenen ernst. Dabei lässt es den nötigen Freiraum für weitere Entwicklungen. Es darf nicht als ein Sieg über die grüne Gentechnik missverstanden werden. Bestätigt wurde die Entscheidung des Gesetzgebers, die er bei einer Weiterentwicklung des Gentechnikgesetzes auch modifizieren und anders treffen kann. Der Schlussstein für den Anbau gentechnisch veränderter Organismen ist damit nicht gesetzt. Der Gesetzgeber wird diese Regelungen vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse über die Risiken dieser Technik und der gesellschaftlichen Wahrnehmung der so erzeugten Produkte immer wieder neu überarbeiten müssen.
LTO: Wir danken Ihnen für dieses Interview.
Der Autor Prof. Dr. Wolfgang Voit ist Sprecher der Forschungsstelle für Deutsches und Europäisches Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Philipps-Universität Marburg.
Das Interview führte Pia Lorenz.
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KOMMENTAR · GENTECHNIK
Zu hohe Risiken
Sauber und klar haben die Verfassungsrichter zwischen den Grundrechten Gesundheit der Menschen, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Eigentums- und Wissenschaftsfreiheit abgewogen. Ihr Schluss ist eindeutig: Solange das Risiko gentechnisch veränderter Pflanzen für Mensch und Umwelt nicht geklärt ist, muss der Gesetzgeber dem Anbau Grenzen setzen.
SWP
Wenn Landwirte Gefahr laufen, ihre genfreien Produkte nicht vermarkten zu können, haben sie ein Recht auf Entschädigung. Das oberste Gericht betont ausdrücklich, die mögliche Unumkehrbarkeit der Folgen der unkontrollierten Ausbreitung von Genveränderungen in die Natur.
Nun unterstellen die Befürworter der grünen Gentechnik den Karlsruher Richtern, fortschrittsfeindlich zu sein. Ihr Urteil halte die moderne Methode nicht auf.
Sie dürften sich hier genauso irren wie die Landesregierung Sachsen-Anhalts, die ihrem Saatgutinstitut Luft für Gentests verschaffen wollte. Einseitige Interessen halten vor der Verfassung nicht stand. Richtig erkannt haben die Richter auch, dass die Risiken der Gentechnik die Chancen in einen großen Schatten stellen. Von einem Siegeszug der Technik ist nichts zu erkennen. In 176 der 192 Staaten werden keine genveränderten Agrarpflanzen produziert. 90 Prozent der Anbaufläche liegen in vier Ländern. Ein einziger Saatgutkonzern kontrolliert das Geschehen. Das Hungerproblem dieses Globus löst die Gentechnik leider nicht. MARTIN HOFMANN.
25.11.2010 – 08:00 Uhr | geändert: 25.11.2010 – 08:21 Uhr
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Eurobarometer bestätigt, Gentechnik-Skepsis in Europa steigt – BM Stöger muss KonsumentInnen schützen
(Wien, 15. November 2010). Um die Nulltoleranz von in der EU nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) aufzuheben, hat die EU-Kommission einen Vorschlag erarbeitet: Eine Verunreinigung mit 0,1 Prozent soll auch dann zulässig sein, wenn dieser GVO nirgends auf der Welt zugelassen ist. Dieser Vorschlag wird heute von den Mitgliedsstaaten beraten.
„Minister Stöger bzw. seine BeamtInnen müssen die KonsumentInnen schützen und gegen diese Regelung stimmen. Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass es zur Beibehaltung der Nulltoleranz gegen verbotene Gentech-Produkte keine Alternative gibt. Denn was im Futtertrog zugelassen wird, landet bald ungewollt auf dem Teller der KonsumentInnen“, so Werner Müller, Gentechnik-Eperte der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.
Der Kommissionsvorschlag sieht keinen Summengrenzwert vor, sondern legalisiert eine Verunreinigung jeder dem Futtermittel zugesetzten Zutat. “Selbst im Fleisch von Jungtieren, die sich ausschließlich von Muttermilch ernährten, wurden bereits Spuren von Gentech-Soja, dem Futtermittel der Muttertiere, gefunden. Das bedeutet, dass wir mit Gentech-Futtermitteln wesentlich weitreichendere Folgen erzeugen, als nur die direkten auf das Tier, das mit diesen Produkten gefüttert wird“, so Müller weiter.
Eurobarometer belegt: Sorge vor Gentechnik nimmt zu
Laut der neuen Eurobarometer-Erhebung sind nur 21 Prozent der EuropäerInnen und der ÖsterreicherInnen der Ansicht, dass gentechnisch veränderte Produkte für kommende Generationen sicher sind. 61 Prozent der EuropäerInnen und 70 Prozent der ÖsterreicherInnen lehnen die Förderung der Gentechnik in Lebensmitteln ab. „Der österreichische Lebensmittelhandel muss jetzt den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem klaren Wunsch der ÖsterreicherInnen gerecht werden und nach der Milch und den Eiern nun auch bei Fleisch die Gentechnik aus den Futtertrögen eliminieren“, so Müller abschließend.
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http://www.testbiotech.de/node/422
Testbiotech – 04.11.2010
Halbes Dutzend Insektengifte im ‚Gen-Mais‘
Nicht auf Gesundheitsrisiken getestete Produkte drängen auf Lebensmittelmarkt in der EU
München/Parma. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA befürwortet die Zulassung eines gentechnisch veränderten Mais mit acht zusätzlich eingefügten Genen. Der Mais mit der Markenbezeichnung „SmartStax“, der in der EU als Lebens- und Futtermittel zugelassen werden soll, produziert sechs verschiedene Bt-Insektengifte. Zudem ist er gegen zwei Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht worden. Er wurde von den Firmen Monsanto und Dow AgroSciences durch Kreuzung verschiedener gentechnisch veränderter Pflanzen entwickelt. Auf diese Weise hergestellte Gen-Pflanzen werden auch als „Stacked Events“ bezeichnet. In den USA und Kanada ist SmartStax bereits für den Anbau zugelassen.
Die EFSA hat sich für die Zulassung von SmartStax ausgesprochen, ohne Tests zur Überprüfung der gesundheitlichen Risiken der Pflanzen mit dieser Genkombination zu verlangen. Sie stützt ihre Empfehlung im Wesentlichen auf die Risikobewertung der Ausgangspflanzen, die für die Kombinationskreuzungen verwendet wurden. Testbiotech bewertet die Stellungnahme der EFSA als inakzeptabel: Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Bt-Insektengifte in ihrer Giftwirkung wesentlich verstärkt werden können, wenn sie miteinander kombiniert oder in Kontakt mit anderen Co-Faktoren kommen.
„Vor allem in den USA werden immer öfter gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut, in die nicht nur einzelne, sondern mehrere zusätzliche Gene eingebaut wurden. Die EFSA befürwortet generell die Marktzulassung von Stacked Events, ohne dass diese Pflanzen zuvor auf gesundheitliche Risiken untersucht worden sind. Der Markt der EU droht so mit gentechnisch veränderten Pflanzen überschwemmt zu werden, die nie auf ihre Unbedenklichkeit getestet wurden“, sagt Christoph Then von Testbiotech.
Nach Ansicht von Testbiotech müssen Pflanzen mit Stacked Events umfassend auf Risiken untersucht werden, da Kombinationswirkungen sich oft nicht durch eine Prüfung der einzelnen Bestandteile abschätzen lassen. Neben den sechs verschiedenen Insektengiften, die in SmartStax enthalten sind, muss zusätzlich mit Rückständen von den Unkrautvernichtungsmitteln gerechnet werden, gegen die der Mais resistent gemacht wurde. Trotzdem gab sich die EFSA mit Tests zufrieden, bei denen SmartStax lediglich 42 Tage an Masthähnchen verfüttert wurde, um die Futterverwertung zu überprüfen. Testbiotech fordert die Kommission und die EU-Mitgliedsländer auf, die Bewertung der EFSA zurückzuweisen und dafür zu sorgen, dass die Prüfstandards verbessert werden.
Wie wenig verlässlich die Risikobwertung der EFSA ist, zeigt auch eine ihrer jüngsten Stellungnahmen. Testbiotech hatte in einem Bericht im April 2010 mehrere Mängel in der Bewertung des gentechnisch veränderten Mais 1507 dokumentiert. Die EU-Kommission hatte EFSA aufgefordert, die neuen Argumente zu bewerten. In ihrer Reaktion auf den Bericht von Testbiotech versucht die EFSA vor allem ihre frühere Position zu verteidigen und geht mit keinem Wort auf die Tatsache ein, dass sie unter anderem alarmierende Untersuchungsergebnisse an wichtigen Testorganismen übersehen hatte. Der Mais 1507 ist eine der Ausgangspflanzen für die Herstellung von SmartStax.
Kontakt:
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Christoph Then Tel., 0151 54 63 80 40
Weitere Informationen:
Aktueller Testbiotech Newsletter EFSA GMO WATCH
http://www.testbiotech.de/node/421
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Testbiotech e. V.
Institut zur unabhängigen Folgenabschätzung in der Biotechnologie
Frohschammerstr. 14
80807 München
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Parlamentskorrespondenz Nr. 732 vom 01.10.2010
Themenfelder:
Konsumentenschutz
Sachbereich:
Parlamentarische Materialien
Stichworte:
Parlament/Anträge
Vorlagen: Konsumentenschutz
GVO-Futtermittel: FPÖ fordert Fleisch-Kennzeichnung Abgeordneter Norbert Hofer (F) weist auf Umfragen hin, denen zufolge 90 % der ÖsterreicherInnen den Einsatz von Gentechnik in Lebensmitteln ablehnen und drängt in einem Entschließungsantrag (1278/A(E)) die Bundesregierung, auf EU-Ebene Deutschland bei seinen Bestrebungen nach einer Kennzeichnungspflicht von Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, zu unterstützen.
http://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2010/PK0731/index.shtml* (Link??)
Agrarrechtsänderungsgesetz setzt EU-Pflanzenschutz-Richtlinie um Durch ein Agrarrechtsänderungsgesetz 2010 (896 d.B.) soll nun die EU-Pflanzenschutzmittel-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Konkret regelt die Vorlage die Behördenstruktur, die notwendigen Maßnahmen zur Überwachung des Inverkehrbringens, die Einfuhr aus Drittstaaten sowie die Anpassung der Strafbestimmungen und schafft überdies Rahmenbedingungen für die Fort- und Weiterbildung und für die Abgabe von Pflanzenschutzmitteln.