Erbsen

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Dreiste Einseitigkeit

07.05.11

SPD-Stiftung macht sich in Mecklenburg-Vorpommern zum Büttel der Agrogentechnik-Seilschaften

Von Jörg Bergstedt

„Streitthema Grüne Gentechnik“ – so heißt vielsagend ein Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung am 27. und 28. Mai in Rostock. Die SPD-Stiftung mit Sitz in Schwerin erzeugt damit den Schein, von einem neutralen Standpunkt debattieren zu wollen. Doch hinter der so neutral wirkenden Überschrift und Einladung verbirgt sich platteste Gentechnikpropaganda. Das zeigt schon der Einleitungsvortrag. Unter dem Titel „Der Grabenkrieg fruchtet nichts“ referiert der Schweizer Wissenschaftler Klaus Ammann. Doch genau er war vor wenigen Monaten bei einer Aktion beteiligt, wo der aggressiv agierende Gentechnik-Lobbyverband InnoPlanta mit seinem Vorsitzenden und FDP-Landtagsabgeordneten Uwe Schrader bei Greenpeace einen Thesenan schlag pro Gentechnik an die Zentrale in Hamburg schlug. Ammann führte den Hammer. Auch sonst ist er kein unbeschriebenes Blatt. Er agiert in den internationalen Lobbyverbänden PRRI, EFB, ISBR und AIGM. Zudem ist er einer der Gründer des deutschen Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (WGG), der schrill und laut für die Agrogentechnik wirbt. Ammann unterzeichnete eine öffentliche Erklärung ge gen vermeintlich zuviel Kontrolle in der Gentechnik.

Noch schlimmer steht es um die beiden OrganisatorInnen des Seminars, die hier die SPD-Stiftung zu ihrem Sprachrohr verdrehen konnten. Es sind Heike Mikschofsky von der Uni Rostock und Stefan Rauschen von der RWTH Aachen. Beide agieren in zentralen Knotenpunkten der Gentechnik-Seilschaften und sind in diesen Funktionen direkt mit der Anlage von Feldern voller gv-Pflanzen beschäftigt.

Erstere ist Mitarbeiterin bei Mecklenburg-Vorpommerns wichtigster Gentechnikanwenderin, Prof. Inge Broer von der Uni Rostock. Beide teilen sich auch die Vorsitzendenposten beim Gentechnik-Lobbyverein FINAB e.V., der das AgroBioTechnikum initiierte und dessen Tochterfirma biovativ alle Versuchsfelder in Mecklenburg-Vorpommern betreibt. Mikschofsky organisierte selbst die Experimente mit gentechnisch veränderte Erbsen. Insbesondere der stellvertretende Vorsitz bei FINAB zeigt sie als Propagandistin der Agrogentechnik – eine in der sogenannten Forschung häufig verbreitete Einseitigkeit, die auch auf der ständigen Jagd nach Fördermitteln beruht. Für Agrarfakultäten gibt es kaum andere Einnahmequellen als die Gentech nik.

Neben Mikschofsky leitet Stefan Rauschen das Seminar der Friedrich-Ebert-Stif tung. Er ist Biologe an der RWTH Aachen, einem weiteren wichtigen Knotenpunkt der Gentechnik-Seilschaften. Von hier stammen etliche Versuchsleiter auch an an deren Universitäten (z.B. Gießen) und führende Beamte in der Genehmigungsbehörde. Rauschen ist wie Mikschofsky nicht nur Anwender (Versuchsleiter beim Maisfeld in Braunschweig), sondern auch Propagandist der Gentechnik. Er leitet das Forum Bio- und Gentechnologie, die eine eigene Propagandaplattform im Netz betreibt und das TransGen-Projekt unterstützt. Für seine einseitige Propaganda erhielt er 2010 den PR-Preis des Lobbyverbandes InnoPlanta.

Noch peinlicher ist der Einladungstext zur Veranstaltung (siehe Abb.: Screenshot der Internetseite zum Seminar). Auch er suggeriert zunächst Neutralität. Doch für ihn hat die SPD-Stiftung nicht einmal etwas Eigenes formuliert. Der Text stammt – Guttenberg lässt grüßen – wortgetreu von einer Propagandaseite der Agro gentechnik, nämlich dem Forum Bio- und Gentechnologie e.V. aus Aachen. Dort ist unter anderem Stefan Rauschen tätig.

Ganz überraschend kommt die einseitige Propaganda der SPD-Stiftung pro Agro-Gentechnik nicht. Denn trotz inzwischen mehrheitlich gentechnikkritischer Haltung fechten viele SPD-Kader immer noch für die profitorientierte Technologie. So hat der SPD-Landwirtschaftsminister Till Backhaus immer die Finger im Spiel gehabt, wenn es zum Beispiel um den Aufbau des Gentechnikgründerzentrums AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz ging. Etliche Millionen Landesmittel sind in das Projekt geflossen – und immer noch stellt das Land Mecklenburg-Vorpommern 260 ha Ackerfläche für den größten deutschen Agrogentechnik-Spielplatz bereit. Heike Mikschofsky ist genau hier tätig.