Mexiko: Das Trojanische Pferd

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Blickpunkt Lateinamerika – 28.04.2011

Mexiko

Das trojanische Pferd

[La Jornada] Kritiker: Landesgesetz zum Maissorten-Schutz in Mexiko ist Türöffner für Monsanto

Im Bundesstaat Tlaxcala wurde ein Landesgesetz zum Schutz einheimischer Maissorten vor Genmais erlassen, das national und international als Erfolg gefeiert wurde. Doch bei genauerer Betrachtung hält die Novelle nicht, was sie verspricht und dürfte eher das Gegenteil bewirken, so die Autorin ANA DE ITA.

In der Zeit des Neoliberalismus wurden die meisten Gesetze erlassen oder verändert, um individuelle oder kollektive Rechte abzuschaffen – zugunsten von Konzernen. Dies ist bei der Reform des Artikels 27 der Verfassung der Fall, dass den kollektiven Ejido-Besitz veräußerbar macht, das gilt für das Wassergesetz, das Bergbaugesetz, das Saatgutgesetz, das Gesetz zur Biosicherheit und, unglücklicherweise, gilt das auch für das „Landwirtschaftliche Gesetz zur Förderung und zum Schutz des Maises als Kulturerbe, in seiner Artenvielfalt und als Lebensmittel“ des Bundesstaates Tlaxcala.

Schutzanliegen ist nur Maskerade

Das Gesetz zum Schutz des Maises in Tlaxcala wurde der nationalen und internationalen Öffentlichkeit als ein Gesetz präsentiert, das den Anbau von Genmais in diesem Bundesstaat verbietet und letzteren zur gentechnikfreien Region erklärt. Dem ist jedoch nicht so: Die Deklaration gentechnikfreier Regionen und die Entscheidung darüber, wo Genmais ausgesät wird, obliegt den Bundesbehörden gemäß dem Gesetz zur Biologischen Sicherheit und genveränderten Organismen (LBOGM), das auch den Beinamen „Monsanto-Gesetz“ (Ley de Monsanto) trägt.

Entsprechend wird auch im Gesetz über den Mais in Tlaxcala an keiner Stelle von der Aussaat, dem Pflanzen oder dem Anbau von Genmais gesprochen, sondern einzig von der Genehmigung für Lagerung, Verkauf und Handel. Im Gesetz von Tlaxcala wird die Genehmigung durch die Gemeindeverwaltung als Genehmigung der Gemeinde bezeichnet. Die Interessen der Gemeindeverwaltungen sind jedoch nicht immer die Interessen der Gemeinden selbst, sie also als „Genehmigung durch die Gemeinde“ zu bezeichnen, ist schlichtes Marketing. Die staatliche Genehmigung für ebendiese Dinge erfolgt durch das Ministerium für Agrarentwicklung (SEFOA).

Zahnloser Papiertiger

Im Gesetz heißt es, dass der Bundesstaat als Region deklariert wird, der frei von gentechnikverändertem Mai ist (Artikel 22), doch das einzige, was Tlaxcala tun kann, ist Akten zu füllen und die Staats- und Gemeinderegierungen dazu zu bewegen, sich für dieses Projekt auszusprechen. Im Monsanto-Gesetz, dem das Gesetz von Tlaxcala untergeordnet ist, heiß im Artikel 90, dass die gentechnikfreien Regionen auf Antrag von Organisationen gestellt werden, die zertifizierten ökologischen Landbau betreiben und technisch und wissenschaftlich nachweisen, dass eine Koexistenz unmöglich ist oder sich negativ auf ihren Markt auswirken würde.

Die meisten Artikel zum Schutz sind also lediglich Deklarationen. Doch am gefährlichsten an diesem Gesetz ist, dass es als Türöffner für die Saatgutkonzerne fungiert und die Kompetenzen der staatlichen Landwirtschaftsbehörde erweitert, während die der Kleinbauern und Landwirte auf ein Minimum reduziert werden. So müssen nun beispielsweise die Bestände an einheimischem Maissaatgut von Gemeinden und von Bauern, die auf kommunalem Ejido-Land anbauen, von der Behörde SEFOA genehmigt und vom Nationalen Maisrat genehmigt werden, die auch intervenieren können, falls sie das Gesetz verletzt sehen (Artikel 53).

Trojanisches Pferd

Der vorgebliche Schutz und die Förderung des einheimischen Maises beinhaltet Herkunftsangaben, Patente und den Schutz von Pflanzensorten (Artikel 19). All diese Instrumente begünstigen die Interessen von Konzernen und laufen den kollektiven Rechten zu Gemeingütern zuwider. Im Bundesgesetz der Pflanzensorten ist festgeschrieben, dass die Sorten neu und deutlich anders, in sich aber homogen sein müssen, um als Sorte anerkannt zu werden. Diese Bedingungen werden von den aus der eigenen Ernte gewonnenen, bäuerlichen Pflanzensamen – darunter auch die Maissamen – jedoch nicht erfüllt, denn sie sind unter anderem auch sehr unterschiedlich.

Außerdem verpflichtet man sich mit diesem Gesetz dazu, eine Bestandsaufnahme von der Artenvielfalt des Maises zum machen und ein Leitungsgremium aus Produzenten zu schaffen, das ein Produktschema zur Klassifizierung erarbeiten soll. Die Mitglieder des Netzwerks zur Verteidigung des Maises stuften das Gesetz von Tlaxcala angesichts der ihnen bekannten Erfahrungen von europäischen Partnern in Deutschland, Frankreich und Spanien als gefährlich ein.

Saatgutgesetze verlangen Sorten

In Europa ist bäuerliches Saatgut mittlerweile illegal geworden. Es ist verboten, damit zu handeln, es zu tauschen oder Saatgut zu verteilen, das nicht als registrierte Sorte aktenkundig ist. Auch in Europa erfüllt bäuerliches Saatgut diese Anforderungen nicht – daher sind sie illegal. Der Kampf der europäischen Bauern war darauf ausgerichtet, die Katalogisierung ihrer Sorten zu verhindern. Das mexikanische Saatgutgesetz von 2007 ist sehr ähnlich: Es verbietet das Verteilen und den Handel mit nichtregistrierten Sorten, also mit selbstgezogenem, bäuerlichen Saatgut.

Mehr noch, die europäischen Unternehmen beanspruchen Nachbaugebühren, wenn Bauern Saatgut aus ihrer eigenen Ernte wieder ausbringen und argumentieren dabei, dass Bauern in der Vergangenheit patentiertes Saatgut hätten verwenden können, dessen Merkmale und verbesserte Eigenschaften in den gegenwärtigen Ernten noch immer eine Rolle spielen. Die Produktionsverbände erlaubten es den Saatgutfirmen, die Bauern zu kontrollieren und zu bedrohen, damit sie die Gebühren bezahlen.

Maisvölker schützen bäuerliches Saatgut

Die Organisationen und Gemeinden des „Netzwerks zur Verteidigung des Maises“ in Mexiko, wiesen immer wieder darauf hin, dass die Regierung und die von ihr verabschiedeten Gesetze die multinationalen Konzerne begünstigen und entschlossen sich aus diesem Grund schon vor vielen Jahren, ihre Territorien vor dem Eintritt gentechnisch veränderter Pflanzen zu schützen. Dazu haben sie – neben Informations- und Bildungsarbeit, bei der sie die Vorteile nutzten, die ihnen die kollektiven Organisationsformen des Ejdio und der kleinbäuerlicher Gemeinden boten – sich entschieden, sich als gentechnikfreie Ejidos oder Gemeinden zu erklären. Diese Selbstverpflichtungen beruhen auf Beschlüssen der Vollversammlungen und in einigen Fällen ist diese Entscheidung sogar in den Statuten festgelegt.

Auch die Kenntnisse über ihre eigenen Anbaukulturen haben sie perfektioniert, sie setzen sich dafür ein, dass diese Sorten wieder wertgeschätzt werden. Sie säen diesen Mais, essen ihn, feiern ihn und schützen sie ihn auch – so, wie es Maisvölker tun.

Autorin: Ana de Ita in „La Jornada“; Deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

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Klaus Faissner bezieht Stellung zur Einschränkung von Heilkräutern und Naturstoffen >
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http://derstandard.at/1303950435115/

[Standard] Embryologe warnt vor Geburtsfehlern durch Spritzmittel aus Gentech-Anbau

Der Standard – 28.04.2011

Gentech-Anbau

Spritzmittel mit Zunahme von Geburtsfehlern in Zusammenhang gebracht

Wissenschafter: „Roundup“ kann zu Missbildungen bei Embryonen führen

Wien – Vor gefährlichen Auswirkungen bei der Anpflanzung von Gentech-Soja hat am Donnerstag der argentinische Wissenschafter Andrés Carrasco bei einer Pressekonferenz [1] in Wien gewarnt: Bei einer Untersuchung habe sich herausgestellt, dass das Spritzmittel „Roundup“ von Monsanto, das in Argentinien auf den mit dem Gentech-Soja „Roundup Ready“ bepflanzten Äckern eingesetzt wird, bereits in geringen Mengen zu Missbildungen bei Embryonen von Hühnern und Fröschen geführt hat. Ein Zusammenhang mit der wachsenden Zahl von Gesundheitsschäden in den wichtigsten Anbaugebieten ist Carrasco zufolge daher naheliegend.

Der Wirkstoff Glyphosat

Carrasco, der Leiter des Labors für Molekulare Embryologie an der Medizinischen Universität Buenos Aires, hat gemeinsam mit Kollegen aus Großbritannien, Brasilien, den USA und Argentinien nachgewiesen, dass besonders der Hauptwirkstoff Glyphosat bei „Roundup“ problematisch ist. Bereits bei einer Konzentrationen, die weit unter den beim Versprühen in der Landwirtschaft üblichen Mengen liegt, wurden bei den tierischen Embryonen Missbildungen beobachtet. Ob auch menschliche Embryonen davon betroffen sind, ist Carrasco zwar naheliegend, konnte aber bei dem Versuch nicht untersucht werden. „Wir verwenden keine menschlichen Embryonen im Labor“, meinte der Wissenschafter.

Die Studie war ins Leben gerufen worden, weil Forscher über die hohe Zahl von Geburtsfehlern in landwirtschaftlichen Gebieten alarmiert waren, in denen Gentech-Soja angebaut worden ist. „Die von uns im Labor festgestellten Ergebnisse passen exakt zu den Fehlentwicklungen, die bei Menschen beobachtet werden, die während der Schwangerschaft Glyphosat ausgesetzt waren“, sagte Carrasco.

Der Argentinier präsentierte die Ergebnisse der Studie „GM Soy – Sustainable? Responsible?“ am Donnerstag erstmals bei einem Symposium der ARGE Gentechnik-frei in Wien. Österreich dürfe vor den Gegebenheiten in Argentinien nicht wegsehen – immerhin würden 600.000 Tonnen Soja im Jahr aus dem Ausland importiert werden, so Markus Schörpf, Obmann der ARGE Gentechnik-frei. „Milchwirtschaft und Frischeier-Produktion haben es in Österreich schon eindrucksvoll bewiesen: Der Verzicht auf GVO-Soja ist möglich“, meinte Schörpf. (APA/red)

Link
Der Report „GM Soy – Sustainable? Responsible?“ (pdf-File)
http://gmwatch.org/files/GMsoy_SustainableResponsible_Sept2010_Summary.pdf

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LINKS [Red.]

[1] http://topagrar.at/home/?option=com_content&task=view&id=2427&Itemid=1

http://derstandard.at/1303950663815/Biotech-Unternehmen-US-Regierung-probt-Selbstkontrolle-von-Biotech-Unternehmen
 

US-Regierung probt „Selbstkontrolle“ von Biotech-Unternehmen

01. Mai 2011, 19:57

Zweijähriges Pilotprojekt des Landwirtschaftsministeriums

Washington – Das US-Landwirtschaftsministerium startet ein zweijähriges Pilotprojekt, in dem Unternehmen wie Monsanto und andere Hersteller von gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) in Selbstkontrolle für die Sicherheit ihrer Produkte garantieren sollen. Dies berichtet das Online-Magazin

Die Unternehmen sollen Forschung über die Umweltverträglichkeit von Biotech-Organismen selbst durchführen oder zusammen mit der Behörde bei Dritten beauftragen. Die Ergebnisse dienen der Landwirtschaftsbehörde als Grundlage für eine eigene Prüfung und Zulassungsbescheid.

Die Behörde will damit die Abwicklung von Zulassungsverfahren beschleunigen. Kritiker vergleichen die Vorgangsweise damit, dass man „BP erlaubt, selbst den Schaden der Ölkatastrophe zu beurteilen“ . (spu, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.5.2011)

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