Indische Bauern als Verbündete im Kampf gegen Gentechnik
19. April 2011 | 15:50 Uhr
Bangalore (dapd-bay). Im Kampf gegen genmanipulierte Lebensmittel setzt Sangita Sharma auf schwere verbale Geschütze. Genpflanzen könnten krebsartiges Zellwachstum, Leberschäden und Nierenversagen auslösen, warnt die Aktivistin ihre indischen Landsleute auf Handzetteln. Sharma ist Direktorin der privaten Saatgutdatenbank Annadana im südindischen Bangalore. Bayerns Umweltminister Markus Söder zeigt sich begeistert von der Leidenschaft, mit der die frühere Stewardess sich um das Projekt kümmert.
Es würde ihn nicht wundern, wenn sie Karriere im Parlament machen würde, lobt der CSU-Politiker die eloquente Chefin des landwirtschaftlichen Netzwerks. Sharmas Initiative zeige, dass der Widerstand gegen genmanipuliertes Saatgut und die wirtschaftlichen Interessen der dahinter stehenden globalen Industrieunternehmen „nicht nur ein Luxusthema ist“, sondern auch eine große Rolle für ärmere Länder spiele. „Es geht um eine faire Landwirtschaft in der Welt“, betonte Söder.
Saatgut für 150 Sorten ursprüngliches Gemüse hat Annadana – was frei übersetzt Versorgung mit Grundnahrungsmitteln heißt – seit Juni 2010 bereits zusammengetragen und stellt es örtlichen Bauern zu Verfügung. In der bayerischen Partnerprovinz Karnataka ist nach Angaben des Experten der deutschen Entwicklungshilfeorganisation giz, Jürgen Porst, zum Beispiel der Genkonzern Monsanto aktiv. Das US-Unternehmen verkaufe den Bauern genmanipulierte Baumwollsaaten mit besonderen Eigenschaften, auf die Monsanto das Patent habe. Die selbstständige Nachzucht sei den Bauern dadurch nicht möglich.
Sharma kann sich darüber maßlos empören. „Unsere Farmer werden dadurch abhängig von den Genfirmen.“ Dabei sei es doch eine über Jahrtausende bewährte Vorgehensweise, Teile der eigenen Ernte zur Wiederaussaat zu verwenden. „Farming is no rocket science.“ Landwirtschaft sei keine Raketenwissenschaft, betont die energische Aktivistin. Neben ihr hockt eine Mitarbeiterin auf einer kleinen Bank und sammelt die Kerne aus dem Fruchtfleisch eines Flaschenkürbisses, um sie als Saat zu verwenden. Auch Karotten, Zwiebeln und Mangold werden auf der kleinen Zuchtfarm von Annadana kultiviert.
„Dafür brauchen wir keine Gentechnik“, betont Sharma. Sie bericht von „unglaublichem Druck“, den Genfirmen ausübten. Vor allem in Universitäten fänden die Industriellen Verbündete. Es gebe auch immer noch Feldversuche mit genmanipulierten Pflanzen – ohne dass die benachbarten Bauern informiert würden.
Da sei Bayern schon weiter, betont Söder. Die Freilandversuche seien alle beendet. An Universitäten gebe es nur noch Genforschung in Gewächshäusern. Dadurch könne verhindert werden, dass sich Pollen unkontrolliert verbreiten. Die grüne Gentechnik habe im Freistaat „keine Zukunft“, stellt der Minister kategorisch fest. Es gebe hier eine klare Grundsatzentscheidung der Politik und eine entsprechende Stimmung in der Bevölkerung.
„Die von der Genlobby versprochenen Erfolge“, etwa bei der Anpassung von Pflanzen auf geringeren Wasserbedarf, seien ausgeblieben. Stattdessen stelle es sich so dar, dass eine „erdrückende Abhängigkeit“ der Landwirtschaft von globalen Saatgutherstellern drohe. „Die grüne Gentechnik ist nur die Vorstufe auf die Patentierung von Leben“, warnt der Umweltminister und bezeichnet sich selbst als „Überzeugungstäter“ in seinem Widerstand.
Die Initiative Annadana sei eine echte Graswurzelinitiative. In Bayern gebe es ganz ähnliche Ansätze. Demnächst will Söder sogenannte gentechnikfreie Zonen im Freistaat mit einem offiziellen Gütesiegel des Umweltministeriums auszeichnen. Von der Bundesregierung fordert der bayerische Ressortchef zugleich mehr Einsatz auf europäischer Ebene, um die Entscheidung über die Verwendung grüner Gentechnologie den einzelnen Regionen zu übertragen. Auch er hat in dieser Diskussion keine Angst vor großen Kategorien: „Da geht’s auch um eine kulturelle Frage, weil sich daran der Begriff Heimat definiert.“
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http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news-regional/news/de/23657.html
19.04.2011 | permalink
Sachsens Agrarminister gegen Antrag auf gentechnikfreie Region
Die meisten Menschen in Deutschland lehnen Gentechnik in der Landwirtschaft ab.
Sachsens Landwirtschaftsminister Frank Kupfer (CDU) ist gegen eine generelle Erklärung des Landes zur Gentechnikfreiheit. Im März hatten die Fraktionen der Linken, Grünen und SPD einen Antrag im Landtag gestellt, der sich gegen den Anbau und die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen ausspricht. Erreicht werden sollte der Beitritt zum europäischen Netzwerks der gentechnikfreien Regionen. Kupfer hält von einer „pauschalen Stigmatisierung der Technologie“ nichts.
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Greenpeace: Hennen bekommen mehrheitlich GVO-Soja
[18.04.2011]
Eine völlig unzureichende Deklaration von GVO hat Greenpeace bei Eiern angeprangert. So sollen die meisten Eier im Handel von Hennen stammen, die mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert wurden. Nur bei Bio-Ware könne der Verbraucher sicher sein. Immerhin, so heißt es in der Studie weiter, seien gentechnikfreie Produkte auf dem Vormarsch. Der Verbraucher könne allerdings meist nur schwer erkennen, was in dem Ei steckt. Greenpeace warf der Geflügelbranche in diesem Zusammenhang vor, die Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ auszubremsen, da man befürchte, den Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % Verunreinigung nicht einhalten zu können, vermuten die Umweltschützer.
Alexander Hissting vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik sieht das grüne Verbandssiegel dennoch auf einem guten Weg: Für über 20 % aller Legehennen hätten Landwirte oder Eierhändler bereits eine Nutzungslizenz beantragt, sagte er laut Spiegel-Online. Auch einige Ketten wie Tegut hätten entsprechende Ware mit der grünen Raute bereits im Angebot. Discounter wie Lidl und Globus verweigerten Aussagen zum Umfang ihres Angebots. (ad)